Petzval_01

Johannes Raimann

2019

glas engraved

100 x 75 cm

Petzval 01 beschäftigt sich mit der wichtigsten Erfindung von Josef Petzvaal. Seine bekannteste Erfindung ist das Petzval-Objektiv (1840). Mit diesem Objektiv war es zum ersten Mal möglich Belichtungszeiten von unter einer Minute zu realisieren. Für die frühe Portraitfotografie war dies der entscheidende Durchbruch. Petzval gelang dies, indem er zum ersten Mal ein Objektiv berechnen ließ. Hierfür heuerte er ein Dutzend Artilleriekanoniere an. Diese waren geübt im Lösen von Differenzialgleichungen zum Berechnen von Ge­schoss­bahnen. Die Herstellung dieses Objektivs übernahm der wiener Optiker Peter Wilhelm Friedrich von Voigtländer unter Zuhilfenahme einer von Joseph von Fraunhofer entwickelten Technik zu Berechnung von Lichtbrechungseigenschaften. Ich halte dieses Objektiv aus mehreren Gründen für bemerkenswert: Zum einen zeigt es wie die Wissenschaft, die Kunst und das Militär über panoptische (Michel Foucault) Techniken miteinander verknüpft ist, und zum anderen ist es ein Zeugnis einer technisch-kulturellen Wende, die unsere Sehgewohnheiten für immer verändert hat.

Das Objektiv ist für mich aber auch als Objekt interessant. Mein besonderes Interesse gilt dem Aspekt der Sichtbarkeit (physikalisch wie philosophisch betrachtet). Die Unsichtbarkeit des Objektivs ist die Bedingung für ein gelungenes Foto. Objektiv sein bedeutet keine Perspektive einzunehmen. Insofern ist das Objektiv alles andere als objektiv. Wer sichtbar ist verbirgt seinen Hintergrund. Was unsichtbar ist verbirgt sich selbst. Es zeigt sich, dass das Objektiv einen dialektischen Bezug zur (Un-)Sichtbarkeit hat. Die mathematischen Berechnungen ermöglichten, dass Objektive immer unsichtbarer wurden. Das fotografische Bild scheint Fakten einzufangen. Gleichzeitig ist es ein Produkt spezifischer ökonomischer, politischer und intellektueller Produktion.